pioch

Der folgende Artikel stammt von der Seite www.landsbergblog.de:

 

Stellen Sie sich einmal vor, Sie reisen in ein Land, in dem alles verkehrt herum funktioniert. Wollen Sie nach links fahren, müssen Sie nach rechts lenken. Wollen Sie etwas verneinen, müssen Sie nicken. Wollen Sie zustimmen, müssen Sie “nein” sagen. Wer am Mittwoch Abend in Landsberg in der Ratssitzung war, der weiß, wovon wir reden. Die einmütige Haltung des Rates in Sachen Bebauungsplan Schanzwiese hat die Verwaltung so überrascht, dass sie nicht mehr in der Lage war, die Beschlussvorschläge an das geänderte Meinungsbild anzupassen. Daher funktionierten die meisten Abstimmungen nur mit Anweisungen vom Referatsleiter des Bauordnungsamts, Claus Müller: “Jetzt müssen Sie mit nein stimmen und den Vorschlag der Verwaltung ablehnen”. Ein merkwürdiges Verfahren, das sicher nicht den besten Eindruck gemacht hat. Aber egal: Letztlich können viele Bürger mit dem Ergebnis zufrieden sein. Sie haben nämlich durch Eingaben an die Verwaltung, Telefonate mit Ratsmitgliedern und massive Präsenz in der Sitzung erreicht, dass der Bauexzess “dreistöckige Doppelhäuser” sang- und klanglos in der Versenkung verschwand.

Zu Recht. Dreistöckig war vom Plan nicht vorgesehen und hatte daher auch nie die Zustimmung des Stadtrats erhalten. Ganz plötzlich war, offenbar auf Drängen des Bauträgers, aus der zwei-  eine dreigeschossige Bebauung geworden und Stadtverwaltung samt Gestaltungsbeirat hatten sogar Verständnis dafür. “Aus zwei mach drei” hatte der landsbergblog am 14. September 2012 getitelt und gefragt: “Was ist zu tun, wenn ein Bauträger zwischen der Abgabe seines Angebots und der Beschlussfassung über den Bebauungsplan seine Planungen ändert? Inwieweit muss die Stadtverwaltung die Ratsmitglieder dann vor der Beschlussfassung darauf ausdrücklich hinweisen?”

Initiatoren dieser Fragen waren die Landsberger Mitte und ihr Fraktionsvorsitzender Axel Flörke. Die Fraktion wies darauf hin, das der Stadtrat nicht ausreichend über die Planänderung informiert worden sei. “Mit dieser neuen Planung – drei Vollgeschosse statt zwei und ein Einfamilienhaus statt zwei Doppelhäuser – wurde das Wettbewerbsergebnis ganz erheblich verändert. Sicherlich wären diese Änderungen bei genauestem Studium der Vorlagen den Stadträten ins Auge gefallen, aber weder in der Beschlussvorlage noch in der Erörterung im Stadtrat wurde deutlich auf diese erhebliche Änderung aufmerksam gemacht.” hieß es in einer Mitteilung der Fraktion.

So kam es zur erneuten Beschlussfassung am gestrigen Abend. Merkwürdig war nur, dass die Verwaltung offenbar bis zuletzt glaubte, die dreigeschossige Bebauung werde vom Stadtrat akzeptiert. Vielleicht war man von den vielen Eingaben beeindruckt, in denen kaufwillige Bürger die Dreigeschossigkeit forderten. Unwidersprochen blieb im Rat die Mitteilung, der Bauträger habe die Interessenten gebeten, diese Scheiben an die Stadt zu richten.

Gleichzeitig machten die Befürworter der zweigeschossigen Bebauung mobil. In den vergangenen Tagen sollen sie auf Rat von Axel Flörke fast alle Stadtratsmitglieder zu Hause angerufen haben. Nach diesen wohl auf ganzer Linie erfolgreichen Gesprächen müssen dann die Stadträte noch einmal untereinander kommuniziert haben: Derart übereinstimmende Aussagen gab es bei einer Ratssitzung jedenfalls selten. Das Thema Schanzwiese ist daher ein gutes Beispiel dafür, dass Bürger wirksam Einfluss nehmen können, wenn sie aktiv und fordernd ihre Interessen vertreten,

Das gilt freilich nicht für alle: Einige Anwohner waren enttäuscht darüber, dass der Rat sich bei den geplanten Reihenhäusern weder mit einer Änderung ihrer Ausrichtung noch der Geschosszahl anfreunden konnte. Die Gegner der Drei-Geschoss-Doppelhäuser profitierten eben von der Planabweichung, wogegen die Reihenhaus-Antragsteller keine derartig durchschlagenden Gründe vorlegen konnten. Dennoch kann man diesen Abend als Erfolg der Bürger und der direkten Interessenvertretung Betroffener verbuchen. Deswegen war er für Landsberg ein kleiner Meilenstein.